Führung durch die Bornheimer Kirche
Vor Ort
Besuchen Sie unsere schön – dem Heiligen Martin geweihten – Kirche im Weinort Bornheim/Rheinhessen, erleben und entdecken Sie das Gotteshaus mit der ältesten Glocke Rheinhessens vor Ort.
Bitte melden Sie Ihren Besuch rechtzeitig bei der Küsterin Angela Lessmann telefonisch unter 06734/961419 an.
Erkenntisse der Baugeschichte
Erkenntisse der Baugeschichte
Erste Erwähung 1243
Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Bornheimer Kirche im Jahre 1243, sie war schon damals Pfarrkirche und dem heiligen Martinus geweiht (1). Der älteste Teil, der Chorturm, entstand nach Literaturangaben um 1200 (2). Laut gleicher Quelle fand ein Umbau um 1320 statt, dabei wurden im Erdgeschoss gotische Maßwerkfenster eingebaut, aus dieser Zeit stammen auch der Triumphbogen, das Chorgewölbe und die mittelalterlichen Wandgemälde. Die im romanischen Stil gehaltenen Klangarkaden im Glockengeschoss blieben dabei erhalten. Erwähnenswert ist noch der Anbau der Sakristei im 15. Jahrhundert, ebenfalls mit gotischem Maßwerkfenster und Kreuzgewölbe im Stil der Zeit.
Zerstörung durch die Franzosen 1690
Im Jahre 1690 wurde dann die Kirche durch französische Truppen derart beschädigt, dass das Schiff abgebrochen werden musste. Auch der Turm wurde durch Feuer stark in Mitleidenschaft gezogen, konnte aber kurz darauf wieder instandgesetzt werden. Aus dieser Zeit stammen der komplette Dachstuhl und der Glockenstuhl.
Wesentliche bauliche Veränderungen wurden während dieser Reparaturmaßnahmen am Turm wohl nicht vorgenommen, an der östlichen Giebelwand ist noch der Verlauf der Dachsparren vor dem Brand als Absatz im Mauerwerk zu erkennen, er zeigt, dass das Satteldach vorher die gleiche Höhe und etwa die gleiche Neigung hatte.
Die östliche Giebelfensteröffnung diente jetzt als Auflagefläche des mittleren tragenden Balkens der neuen Dachkonstruktion.
Auffallend am Mauerwerk des Turminneren ist eine umgehende Stufe kurz oberhalb der drei romanischen Klangarkaden, ab hier verjüngt sich das aufgehende Mauerwerk. An der südlichen Wand ist dieser Sims teilweise niedriger und unregelmäßig.
Der Schluss liegt nahe, dass dies keine gewollte Geschosstrennung der ursprünglichen Planung ist, die unordentliche Ausführung der südlichen Stufe lässt eher auf Reparaturarbeiten schließen und könnte ein Hinweis darauf sein, dass in früheren Zeiten das obere Giebelmauerwerk entweder zerstört oder abgetragen wurde und erneut mit geringerem Querschnitt in der heutigen Form aufgemauert wurde. Über die Höhe und das Aussehen des Turmes vor dieser vermuteten Änderung kann natürlich heute keine Aussage mehr gemacht werden. Jedenfalls scheint diese bauliche Maßnahme nicht nach dem Brand von 1690 stattgefunden zu haben, ein gotisches Spitzbogenfenster in der westlichen Giebelwand spricht dagegen. Überraschender Weise ergab sich jedoch eine Möglichkeit, das Datum dieser Baumaßnahme genau zu bestimmen. Beim Neuerrichten des Mauerwerks oberhalb der oben beschriebenen Stufe wurden eine Lage Eichenbalken quer durch den Turm in Ost-West-Richtung eingemauert, es müssen etwa fünf Stück gewesen sein. Zwei sind noch heute erhalten und tragen Brandspuren, von den übrigen existieren zum Teil noch die Löcher im Mauerwerk.
Diese Balken sind sehr tief in die östliche und westliche Giebelwand eingelassen, ein nachträglicher Einbau scheint unwahrscheinlich, sie müssen im Zuge der Neuerrichtung der Giebelwände eingesetzt worden sein. Unklar scheint die Bedeutung dieser Balkenlage, sie liegt ca. 1 m unterhalb des heutigen Dachstuhles. Als Träger einer Zwischendecke sind die zwei erhaltenen Stämme zu krumm, als Teil eines früheren Dachstuhles kann man sie schlecht betrachten, da sie sich weit unter der heutigen Dachkonstruktion befinden. Sollten sie zur Stabilisierung des Turmmauerwerkes gedient haben?
Eine dendrologische Untersuchung des südlichen noch erhaltenen Balkens, vom Verfasser 1985 veranlasst, ergab als Datum der Fällung Ende 1286. Damit ist erwiesen, dass der Turm oberhalb dieser zwei noch erhaltenen Balken 1286/1287 entstanden sein muss. Leider lässt sich nach diesen Überlegungen nicht ermitteln, wie alt der untere Teil des Turmes mit seinen romanischen Klangarkaden ist. Ein Stück Rüstholz, tief im Mauerwerk unter den Schallfenstern verborgen, konnte damals gesichert werden, eine Altersbestimmung war jedoch bis jetzt nicht möglich, da die Zahl der Jahresringe zu gering ist und es sich zudem nicht um Eiche, sondern erstaunlicherweise um Rüster handelt, das nicht oft als Bauholz verwendet wurde. Vielleicht können zukünftige Untersuchungsmethoden mehr Aufschluss bringen.
Bereits 1287 ein erster Umbau?
Man sollte überlegen, ob die umfassenden Umbaumaßnahmen im Erdgeschoß des Turmes, also Einwölbung, Einbau gotischer Fenster, Einbau des Triumphbogens, wirklich um 1320 stattgefunden haben. Es scheint wenig Sinn zu ergeben, 1286/87 das Obergeschoß des Turmes zu verändern, eine neue Glocke zu gießen (siehe unter: „Die Älteste Glocke Rheinhessens“ auf dieser Homepage) und etwa 30 Jahre später erst die unteren Turmanteile umzubauen. Könnte beides nicht zum gleichen Zeitpunkt, also etwa 1287 geschehen sein? Das Birnstabprofil der Gewölberippen und des Chorbogens könnten diesen Schluss wohl zulassen, sie sind Stilelemente der früheren Gotik.
Das Äußere des Turmes blieb jedenfalls, abgesehen vom Anbau der Sakristei, seit dem 14. Jahrhundert unverändert erhalten. Vor kurzem war eine Neueindeckung des Daches nötig, einige Ziegel fehlten (ein großer Vorrat an Ersatzpfannen lagert übrigens noch jetzt im Keller). Man entschied sich für rote Flachziegel aus industrieller Produktion. Bei dieser Gelegenheit entfernte man die stilwidrigen Regenrinnen, was einen Wassereinbruch in der Sakristei zur Folge hatte, der Schäden am Gewölbe hinterließ und weitere Kosten verursachte.
Diese Mängel wurden zum Glück bei der letzten Renovierung wieder rückgängig gemacht, eine neue Regenrinne schützt jetzt wieder die Fundamente vor Feuchtigkeit, das Turmdach wurde stilgerecht neu gedeckt, jetzt allerdings nicht wie früher mit Pfannen, sondern, wie das übrige Kirchendach, mit Flachziegeln.
1912 Freilegung mittelalterlicher Wandgemälde
Der Chorraum wurde schon 1912 neu gestaltet, man legte die mittelalterlichen Wandgemälde frei und der Fußboden wurde mit hellen Sandsteinplatten belegt. Dies muss vor einiger Zeit das Missfallen einiger „Denkmalpfleger“ erregt haben, anders ist nicht zu erklären, dass plötzlich der helle Steinfußboden des gesamten Kircheninnenraumes samt Taufsteinsockel rot eingetönt wurde. Hoffentlich ergibt sich bei der nächsten Innenrenovierung die Möglichkeit, diese Geschmacklosigkeit wieder rückgängig zu machen.
1912 wurden noch einige Änderungen am Turm durchgeführt, so wurde der Durchgang zwischen Sakristei und Kirchenraum zugemauert, die Außentür der Sakristei erneuert. Bisher konnte nicht geklärt werden, ob diese Tür damals neu eingebaut wurde. Der obere Teil des Maßwerkes ist noch alt und könnte auch zu einem Fenster gehört haben, das sich vorher an dieser Stelle befand. Die damals geplante „wohnliche Einrichtung der Sakristei“ wurde nicht verwirklicht, der geplante Einbauschrank kam nicht zur Ausführung, heute wird der schöne Raum als Abstellkammer genutzt. Pläne für die geplante Nutzung finden sich im Pfarrarchiv in Darmstadt. (Text: Walter Schmitt, Bornheim)
Quellen:
1. Brilmayer, Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart, 1905
2. Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, 1972
Das Kirchenschiff
Das Kirchenschiff
Von einem Kirchenschiff aus der Gründungsphase der Bornheimer Kirche ist vermutlich nichts erhalten, es ist nicht einmal bekannt, ob anfangs ein solches existiert hatte und nicht allein der Turm als Versammlungsraum diente. Der Einbau des gotischen Chorbogens belegt dann, dass spätestens ab diesem Zeitpunkt ein Kirchenschiff existiert haben muss.
Seltsam ist die unsymmetrische Anordnung von Turm und Schiff, beide haben eine gemeinsame südliche Wand. Die nördliche Wand des Schiffes überragt den Turmgrundriss um einiges, man könnte beinahe annehmen, dass es hier später einmal verbreitert wurde. Dies könnte aber nur anhand von etwa erhaltenen Fundamenten nachgewiesen werden, was bisher nicht gelungen ist.
Zerstörung 1690 und Neubau von 1727
Wir können uns also heute kein genaues Bild mehr über das Aussehen vor der Zerstörung 1690 machen.
Trotzdem scheint der Neubau, der nach langen Verzögerungen etwa 1727 vollendet wurde, auf den alten Fundamenten errichtet worden zu sein. Beweise gibt es auf dem Dachboden: deutlich ist an der westlichen Außenwand des Turmes eine Grenze zwischen verputztem und unverputztem Mauerwerk zu bemerken. Man erkennt hier genau den Verlauf der Dachsparren des Vorgängerbaus.
Diese Linie zeigt, dass das ursprüngliche Dach eine geringere Neigung (ca. 45 Grad) hatte, der First war infolgedessen wesentlich niedriger und auch die Decke muss etwa einen Meter unter der heutigen gelegen haben. Die nördliche und südliche Seitenwand des Schiffes war dementsprechend auch etwas niedriger. Diese Putzgrenze an der Turmwand beweist auch, dass der Vorgängerbau die gleiche Breite wie der heutige hatte. Die Außenansicht der gesamten Kirche sah demnach vor 1690 etwas harmonischer aus, Schiff und Turm hatten etwa die gleiche Dachneigung, der Turm überragte das Kirchenschiff damals wesentlich mehr.
Um die Glocken im Turm zu erreichen, ist ein Durchgang vom Dachboden zum Glockengeschoss des Turmes vorhanden. Da die Decke des Kirchenschiffes vor 1790 wesentlich niedriger lag, konnte man ebenerdig vom Dachboden direkt auf die Gewölbekappe treten. Durch die höhere Decke des Neubaus von 1727 musste der Zugang zum Turm unten zugemauert werden. Beim genauen Hinsehen erkennt man diese Stelle noch im Kircheninnenraum über dem Triumphbogen an Putzunregelmäßigkeiten. Um auf dem Dachboden wieder die volle Durchgangshöhe zu erreichen, wurde diese Tür nach oben erweitert.
Die Dachkonstruktion des Turmes, kurz nach 1690 entstanden, besteht aus Eichenholz, beim Dachstuhl des Kirchenschiffes verwendete man Tanne oder Fichte was zur Folge hatte, dass Schäden durch Hausbockbefall entstanden sind. Die Konstruktion ist so ausgeführt, dass die relativ große Flachdecke in der Mitte an hängenden Balken gehalten wird. Damit hat man im Kircheninneren störende tragende Balken vermieden.
Das Schiff ohne wesentliche Änderungen seit 1727
Das Schiff der Bornheimer Kirche ist uns ohne wesentliche Änderungen erhalten, es musste aber in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts durch Einziehen eines Ringankers gesichert werden, da plötzlich starke Schäden durch Absenken der westlichen Giebelwand entstanden waren. (Text: Walter Schmitt, Bornheim)
Die Inneneinrichtung
Die Inneneinrichtung
Zerstörender Brand von 1690
Durch den Brand von 1690 sind keine Ausstattungsgegenstände mehr erhalten. Es gab starke Verzögerungen beim Neubau, der Gottesdienst musste zuerst in Turm und Sakristei gehalten werden. Der Chorbogen wurde verschlossen, die Wand zwischen Chor und Sakristei herausgebrochen, um einen größeren Raum zu erhalten. Diese Änderungen mussten beim Neubau 1727 wieder rückgängig gemacht werden. Schon 1713 baute man eine neue Kanzel auf, sie wurde später in die neue Kirche übernommen.
An der ursprünglichen Einrichtung wurden später einige Veränderungen vorgenommen. Um 1743 baute man eine Orgel ein, sie steht auf zwei Holzsäulen vor der westlichen Empore, da auf dieser nur Platz für das Gebläse war. Auch mögen akustische Gründe für diese Lösung ausschlaggebend gewesen sein.
Durch die zwei nachträglich aufgestellten Säulen war man gezwungen, zwei Bankreihen schräg aufzustellen, was auf einem Plan von 1911 ersichtlich ist.
Die Holzeinrichtung war damals schon mit einer Farbfassung versehen, Spuren an der Orgel deuten auf ein helles Braun hin. 1912 wurden dann größere Umbaumaßnahmen in Angriff genommen. Die Emporenbrüstung rechts der Orgel wurde vorgezogen, dass jetzt eine einheitliche Front entstand.
1912: Pfarrstuhl wird Gartenhaus und mittelalterliche Malereien entdeckt
Der Pfarrstuhl, der sich vorher an der südlichen Wand neben der Kanzel befand, wurde entfernt, er diente über Jahre im Pfarrgarten als Gartenhaus.
An seine Stelle kamen neue, verkürzte Bänke, um dem steigenden Sitzplatzbedarf Rechnung zu tragen. Die Kanzel wurde umgebaut, der Aufgang war jetzt nicht mehr rechts entlang der südlichen Außenwand, er wurde links in die Ecke neben den Chorbogen verlegt. Außerdem wurde die gesamte Einrichtung mit einer neuen Farbfassung versehen, ein dunkles Blau mit aufgemalten Ornamenten im Stil der Bauernmalerei. Im Chor legte man die mittelalterlichen Fresken frei und die Sakristei wurde mit zwei Türen aus Eichenholz versehen. Pfarrer Mischlich stiftete einen neuen Altar, der alte wurde im Garten aufgestellt.
Insgesamt können die Renovierungsmaßnahmen als gelungen betrachtet werden, bei der Erneuerung wurde sehr einfühlsam mit der alten Substanz umgegangen.
1954: Hühnertränke wird (wieder) zum Taufstein
Der Innenraum blieb bis 1954 unverändert, dann war eine Erneuerung erforderlich. Die Einrichtung wurde, dem Zeitgeschmack entsprechend, in einem helleren Blau gehalten, die Bauernmalerei verschwand unter einer neuen Farbschicht. Die beschädigten mittelalterlichen Malereien im Sockelbereich des Chores wurden wieder mit Farbe zugedeckt, die vier Apostel blieben erhalten.
An der Einrichtung wurden keine Änderungen vorgenommen. Der mittelalterliche Taufstein, der bisher als Hühnertränke diente, wurde auf neuem gemauerten Sockel in der Kirche aufgestellt.
1977: Bequemere Sitzbänke
1977 erfolgte dann die vorerst letzte Innenrenovierung. Das Gestühl war unbequem geworden, Bodenfeuchtigkeit hatte die Standfestigkeit beeinträchtigt, die Bankheizung das Holz geschädigt, auch der Holzwurm war in den letzten Jahren tätig gewesen. Also entschloss man sich neue, bequemere Sitzbänke aufzustellen. Die Seitenwangen wurden nach altem Vorbild gefertigt. Die Kirche wurde wieder neu ausgemalt, man hatte wieder mehr Mut zur Farbe. Die ehemals vergoldeten Schnitzereien der Orgel strahlen jetzt in leuchtendem Orange.
Die wichtigste Baumaßnahme aber war die Sicherung der südlichen Giebelwand und die Erneuerung der Elektroinstallation.
Der kulturhistorisch wertvollste Ausstattungsgegenstand der Bornheimer Kirche ist, neben der alten Glocke, sicher die Stumm-Orgel aus dem Jahre 1743, die fast unverändert die Jahrhunderte überstanden hat. Bei der nächsten Renovierung des Kircheninnenraumes, die sicher auch mit einer Reinigung des Orgelwerkes verbunden werden muss, sollte man sich überlegen, ob man die Farbfassung des Orgelprospektes nicht etwas ansprechender gestaltet. So waren die Schnitzereien früher üblicherweise vergoldet und für die schöne Gehäusegestaltung in dunkler Eiche war ursprünglich sicher kein Farbanstrich vorgesehen. Eine schon lange fällige gründliche Überholung des Orgelwerkes konnte erst 1980 in Angriff genommen werden.
Inventarverzeichnis kirchlichen Kunstguts von 1911
Im Inventarverzeichnis von 1911 werden noch folgende Wertgegenstände aus Zinn, um 1750 entstanden, aufgezählt: Taufschüssel, Taufkanne, Abendmahlkanne, Abendmahlbecher, Brotteller. Diese Gegenstände existieren noch zum Teil, nur scheint das Alter nicht korrekt angegeben zu sein. Gegossen wurden die Teile von dem Zinngießer Leonhard Finck aus Mainz. Leonard Finck der Ältere wirkte ab 1785 in Mainz, sein Sohn Leonhard Finck der Jüngere betrieb das Geschäft bis ca. 1835. Unklar ist, ob der Vater oder der Sohn diese Arbeiten ausführte. Das vorhandene Zinngeschirr scheint wohl vom Anfang des 19. Jahrhunderts zu stammen. Teller und Kanne sind heute noch in Gebrauch. Leider wurde der schöne Brotteller bei einem Reinigungsversuch mit grober Stahlwolle stark in Mitleidenschaft gezogen, man ahnt nur noch die feine Ausführung der Arbeit.
Fund alter Feuerlöscheimer
Vor einigen Jahren wurden bei Aufräumarbeiten auf dem Dachboden der Kirche etliche Feuerlöscheimer aus Leder gefunden. Sie stammen wohl auch vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie sind teilweise mit dem Monogramm des Besitzers beschriftet und tragen den Ortsnamen. Da die Teile stark beschädigt waren, wurden sie dem Alzeyer Museum übergeben, vielleicht ergibt sich dort einmal die Möglichkeit, die Eimer instand zu setzen und eventuell auszustellen.
1988: Außenrenovierung
Die 1998 erfolgte Außenrenovierung der Bornheimer Kirche war sicher notwendig geworden, um den Bestand des Gebäudes bis auf weiteres zu sichern. Die Kirchenverwaltung, Architekt und Gemeinde haben dabei keine Kosten gescheut und viel Geschmack und Sachverstand bei der Durchführung der Arbeiten bewiesen.
Unsere Kirche gehört sicher nicht zu den herausragenden Baudenkmälern dieser Region, ist aber typisch für eine Dorfkirche mit ihrer bewegten Vergangenheit und zeigt, dass die christliche Kirche in unserer Gemeinde immer eine wesentliche Rolle gespielt hatte. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch weiterhin so bleibt, die äußeren Voraussetzungen sind geschaffen und jetzt gesichert.
Auch bleibt zu wünschen, dass die Gemeinde bei der nächsten Instandsetzung des Kircheninnern genau so viel Geschmack und Einfühlungsvermögen zeigt, so wie dies bei der Außenrenovierung geschehen ist und was man teilweise bei früheren Reparaturarbeiten vermissen musste. (Text: Walter Schmitt, Bornheim)
Quellen:
1. Brilmayer, Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart, 1905
2. Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, 1972
3. Ev. Pfarrarchiv Bornheim: 1927 wurde von Oberkirchenrat Zentgraf diese Vermutung geäußert. Siehe auch: Alzeyer Geschichtsblätter, Heft 19, 1985 „Die älteste Glocke in Rheinhessen“ vom gleichen Verfasser
4. Hans Hauburger, Festschrift zum 125. Jubiläum des MGV 1848 Bornheim aus dem Jahre 1973
Die Älteste Glocke Rheinhessens
Die Älteste Glocke Rheinhessens
Eine Kostbarkeit mit geheimnsivoller Inschrift
Eine Kostbarkeit von besonderem kulturgeschichtlichem Wert besitzt die evangelische Kirche in Bornheim. Es handelt sich hierbei um die älteste der drei Glocken, deren Entstehungszeit über einen langen Zeitraum mit dem Neubau des Kirchenschiffes um 1727 in Zusammenhang gebracht wurde. Dass dies nicht sein kann, beweist die altertümliche Inschrift aus gotischen Majuskeln, die schwer zu lesen ist und deren Sinn bisher nicht entschlüsselt werden konnte.
Genannt werden in lateinischer Sprache die vier Evangelisten mit ihren mystischen Symbolen: Markus, der Löwe (Ieo); Lukas, der Stier (bos); Matthäus, der Mensch (homo) und Johannes, der Adler (aquila).
Der Text lautet folgendermaßen:
EST+ HOMO + MATEVS + LEO + LVCAS + BOS + QQ + MARCUS + E +Q + IOHANES + AVIS + Q + SVPER + E + ALIIS + MERKELINUS +
Renate Neumüllers-Klauser von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften ist es gelungen, hinter den Sinn der scheinbar zusammenhanglosen Worte zu kommen. In ungekürzter Schreibweise lautet der Text folgendermaßen:
Est homo Mathäus, leo Lucas, bos quoquc Marcus. Estque johannes avis, qui super est aliis. Merkelinus.
Die Umschrift bildet einen leoninischen Distichon, bestehend aus Hexameter und Pentameter. Die unerwartete Wortwahl avis (Vogel) statt aquila (Adler), das Vertauschen der Evangelistensymbole des Markus und Lukas sowie die ganz und gar befremdliche Konstruktion von super mit Ablativ statt Akkusativ ließen nur die Möglichkeit offen, dass es sich um Verse handelt. Da kommen solche Verstöße gegen die Grammatik immer wieder vor.
Die Übersetzung lautet:
Es ist der Mensch Matthäus, der Löwe Lukas, der Stier aber Markus. Und es ist der Vogel Johannes, der über den anderen ist. Merkelinus.
Gemeint ist: Der Mensch ist Symbol des Matthäus, usw., Johannes aber überragt die anderen Evangelisten an Bedeutung.
Merkelinus (= Merkel) ist wahrscheinlich der Glockengießer. Der Name ist zwar bisher noch nirgends aufgetaucht, diese Art der Namensgebung kommt aber auch bei frühen Glocken gelegentlich vor und meist in dieser ganz lapidaren Form. Für die Vorrangstellung des Johannes unter den Evangelisten müsste man noch theologische Begründungen heranziehen, sie war aber schon in der Doppelfunktion als Apostel und Evangelist begründet.
Eine ähnliche Inschrift findet sich auf einer Glocke (gegossen um 1300) zu Stedten bei Schwaplau (Merseburg) in dem ebenfalls reimlosen und darum wohl sehr alten Distichon:
+ Mattheum signat vir, bos Lucam, leo Marcum, Ales discipulum, qui super corde fuit.‘
Die Übersetzung: Der Mensch bezeichnet Matthäus, der Stier Lucas, der Löwe Marcus, der Vogel (ales, allgemein Vogel, aber auch Adler, Phönix) den Jünger, der am Herzen (Jesu) lag.
Glockenguss anlässlich des Umbaus von 1286/87?
Das Alter der Bornheimer Glocke würde man – dem Schrifttyp nach zu urteilen – auf Ende des 13. Jahrhunderts schätzen. Dieser Termin deckt sich in etwa mit dem des Umbaus der Kirche. Um 1300 soll das Untergeschoss des romanischen Turmes eingewölbt worden sein. Dem Stil nach älter sind die Wandmalereien, die nach dem Umbau entstanden sein müssen und noch ins 13. Jahrhundert zu datieren sind. Eine Neuanschaffung der Glocke zum Zeitpunkt dieser Umbaumaßnahmen wäre demnach durchaus denkbar.
Die vier Evangelisten waren das beliebteste Thema von Glockeninschriften im 13. und vor allem im 14. Jahrhundert. Sie treten meist in der Reihenfolge Lukas, Markus, Matthäus und Johannes auf. Ihnen, besonders aber Lukas wurde eine besondere Bedeutung für die Abwehr von Wettergefahren zugemessen. Für die im Volk verbreitete Schätzung des Lukas wegen seines Unheils bannender Kraft, zeugen die am Tage dieses Evangelisten gesegneten Lukaszettel, die zu den verschiedensten unheilhemmenden Zwecken und so auch zur Abwehr von Unwettern benutzt wurden.
Selten ist allerdings die gleichzeitige Nennung der Evangelisten mit ihren mystischen Symbolen. Letztere erscheinen, wenn überhaupt, meist als Reliefs.
Vom hohen Alter der Bornheimer Glocke zeugen die außergewöhnlich schönen gotischen Majuskeln. Sie wurden vor dem Guss mit der Hand aus Wachs geschnitten und auf das Modell der Glocke, die sogenannte falsche Glocke, aufgesetzt. Darüber brachte man dann die später äußere Gussschale aus Ton auf. Beim Erhitzen schmolz das Wachs, die Schale ließ sich leicht vom Modell lösen, die Schrift war als Negativ in der Gussform erhalten. In der Frühzeit wurden die Wachsbuchstaben, wie in Bornheim, mit der Hand modelliert. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts geschah diese Herstellung dann immer mehr mit Hilfe von Modeln.
Die ältesten noch erhaltenen Glocken, von denen nur noch wenige Exemplare erhalten sind, stammen aus dem 11. Jahrhundert. Charakteristisch für sie ist die typische Zuckerhutform. Ihr Alter lässt sich jedoch oft nur schätzen, da sie fast nie mit einer Jahreszahl versehen wurden. Im Gegensatz dazu hat die Bornheimer Glocke schon einen so hohen Grad der Vollkommenheit erreicht, dass sich ihr Profil kaum von der heutigen Form unterscheidet.
Ursprünglich wurden die Glocken von wandernden Gießern, auch Mönchen, an Ort und Stelle gegossen. Bis zum 15. Jahrhundert waren dann die meisten Gießer sesshaft geworden, ab dieser Zeit lässt sich die Herkunft der Glocken genauer verfolgen. Fast immer enthalten diese spätgotischen sogenannten Minuskelglocken das Gussdatum und den Meister, der den Guss ausführte.
Die Bornheimer Glocke ist die älteste noch erhaltene in Rheinhessen. Wie durch ein Wunder hat sie bisher alle Wirrnisse der Zeit überstanden. Denn gerade in den letzten beiden Kriegen war der Glockenschwund groß, vor allem die Glocken des frühen 19. Jahrhunderts erfuhren keine Schonung. Aber auch die Kriege der vorangegangenen Jahrhunderte hatten den Bestand stark reduziert. Folgenschwer war vor allem das Umgießen im 19. und 20. Jahrhundert, um ein einheitliches Geläut zu erhalten. Aber auch dieses Schicksal blieb der Bornheimer Glocke erspart und so zeugt sie noch heute von der damals schon hochentwickelten Gießtechnik, die sich bis in die heutige Zeit kaum verändert hat.
(Text: Walter Schmitt, Bornheim)
Literatur:
Hauburger, Hans: Bornheim in Vergangenheit und Gegenwart, in: 125 Jahre MGV 1848 Bornheim. Festschrift zum 125. Jubiläum vom 6. bis 9. Juli 1973, S. 173 – 215
Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Inschriften-Kommission, 69 Heidelberg, Karlstr. 4.
Brief von Frau Dr. Renate Neumüllers-Klauser an den Verfasser 10.07.1979.
Walter, Karl: Glockenkunde. Regensburg und Rom 1913, S. 161(Anm.2).
Außerdem Brief von Frau Dr. Sigrid Thurm, München, an den Verfasser vom 26.06.1979
Evangelisches Pfarramt Bornheim: Brief vom 05. Juni 1948 von der Glockengießerei Kaiserslautern an das ev. Pfarramt Bornheim. Oberkirchenrat Zentgraf erwähnte bei der Glockenweihe 1927 in Bornheim, dass dies die älteste Glocke Rheinhessens sei.
Weiterführende Literatur:
Deutscher Glockenatlas, bearbeitet von Dr. Sigrid Thurm, Deutscher Kunstverlag
München-Berlin, Band 1 – 3; 1959, 1967, 1973.
Bornheimer Stummorgel aus dem Jahre 1743
Überblick über die Geschichte der Bornheimer Stummorgel
Der folgende Text gibt einen Überblick über die Geschichte unserer Bornheimer Orgel und entstand 1983, als anlässlich des 240-jährigen Bestehens unserer Orgel und des 300. Geburtstages des Erbauers, Johann Michael Stumm, ein Orgelkonzert in der Bornheimer Kirche stattfand.
Aus dem Jahre 1743
Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde die Bornheimer Orgel in Jahre 1743 von Johann Michael Stumm und dessen Söhnen aus Rhaunen-Sulzbach erbaut. Dieser Familienbetrieb war über sechs Generationen tätig und hat in dieser Zeit etwa 330 Orgeln errichtet, von denen noch ein großer Teil erhalten ist. In den 200 Jahren ihrer Tätigkeit haben die Stumms eine einzigartige Orgellandschaft geprägt. Schon zu damaliger Zeit reichte ihr Ruhm weit über die Grenzen ihres Wirkungsraumes hinaus. Ihr handwerkliches und künstlerisches Können war unübertroffen. Trotz der Verbreitung ihrer Orgeln waren die Stumms keineswegs billig; die Bornheimer Orgel dürfte ca. 400 Gulden gekostet haben. Man kannte die Qualität der Werke und war bereit, für ein Instrument aus der Hand eines Meisters auch einen höheren Preis zu bezahlen.
Hälfte der Kosten durch die Rhein- und Wilfgrafen
Die Hälfte der Anschaffungskosten finanzierten in Bornheim wohl die Rhein- und Wildgrafen, was aus einem Rechnungsbeleg des Amtes Flonheim von 1747 hervorgeht. Andere Belege aus dem Erbauungsjahr sind leider nicht mehr vorhanden. Dennoch war es leicht, das genaue Alter unserer Orgel zu bestimmen. Die größte Pfeife der Flöte hat im Fuß die Gravur „Freimersheim“, im Körper „Bornheim“. Das heißt, die Freimersheimer und die Bornheimer Orgeln wurden zur gleichen Zeit hergestellt und beim Zusammenlöten der Pfeifen wurden versehentlich Teile vertauscht. Für Freimersheim ist das Herstellungsjahr 1743 belegt. Dies dürfte denn auch für Bornheim zutreffen.
Einen weiteren Hinweis bieten Kalenderblätter, die zum Abdichten der gedeckten Metallpfeifen dienen. Sie stammen von 1742. Dies weist ebenfalls auf das Herstellungsdatum 1743 hin. Das heutige Instrument scheint Bornheims erste Orgel zu sein. Aus dem 17. Jahrhundert gibt es keine Hinweise, weder dass ein Organist und Balgtreter besoldet, noch dass irgendwelche Reparaturen ausgeführt wurden.
Im Jahr 1689 wurde das Kirchenschiff von den Franzosen niedergebrannt. Der Gottesdienst musste dann fast 40 Jahre in der Sakristei und dem zugemauerten Chor abgehalten worden. Für eine Orgel war hier kein Platz vorhanden, ja die Besucher mussten sogar oft im Freien stehen, um den Gottesdienst verfolgen zu können. Als dann 1727 die neue Kirche fertiggestellt war, fehlte das Geld für eine Orgelanschaffung.
Anstoss durch Pfarrer Friedrich Jakob Fliedner
Im Jahre 1742 trat endlich ein neuer Pfarrer seinen Dienst in Bornheim an. Es war Friedrich Jakob Fliedner, ein Kantorsohn aus Worms, der zuvor vier Jahre als Lehrer in Alzey tätig war und dort auch sicher den Organistendienst ausübte. Von ihm kam wohl der entscheidende Anstoß zur Orgelanschaffung. Er kannte schon die großen Stumm-Orgeln aus den evangelischen Kirchen von Alzey, Flonheim und Armsheim und wusste sicher, dass die Stumms in der katholischen Kirche von Alzey bald ein neues Werk errichten wollten. Diese Orgel wurde im November 1743 fertiggestellt. Es ist anzunehmen, dass die Stumms zur gleichen Zeit auch in der Bornheimer und Freimersheimer Kirche tätig waren.
Bis zum Jahre 1917 blieb unsere Orgel unverändert erhalten. Lediglich kleine Reparaturen waren nötig, die von Orgelbauer Landelt und dessen Enkel Karl Forster aus Alzey bzw. Heimersheim ausgeführt wurden. Sie alle haben sich mit Namen und Jahreszahl im Innern des Gehäuses verewigt.
1. Weltkrieg: freiwillige Pfeifenabgabe für Volk und Vaterland
Der 1. Weltkrieg brachte dann große Verluste für das Instrument. Die Kirchengemeinde wurde zwar von der Pfeifenabgabe befreit, dennoch lieferte man freiwillig die Register „Trompete discant“ und „Salicional“ ab. Die zehn größten Pfeifen der Trompete hatten zwar schon vorher gefehlt, die restlichen waren wohl stark reparaturbedürftig und für das Register „Salicional“ fehlte zu dieser Zeit jedes Verständnis. Immerhin ist es durch die Initiative von Pfarrer Mischlich gelungen, die kostbaren Prospektpfeifen vor dem Einschmelzen zu bewahren.
Den 2. Weltkrieg überstand die Bornheimer Orgel ohne Verluste. Die Gemeinde lieferte die beiden neuen Glocken für Rüstungszwecke ab, die Prospektpfeifen aus Zinn waren wieder gerettet.
Restaurierungen nach dem 2. Weltkrieg
Im Jahre 1966 reparierte Ernst Förster aus Heimersheim zum letzten Mal. Jahrelang arbeitete der Holzwurm unbemerkt und Anfang der 80er Jahre wurde der Zustand unhaltbar. Ein Ton nach dem anderen fiel aus, die Tasten lösten sich in Holzmehl auf und etliche Ventile wurden undicht. Eine grundlegende Renovierung wurde unumgänglich.
Diese Arbeit führte Orgelbaumeister Andreas Ott aus Bensheim durch. Dabei wurden die Pfeifen, Windlade und Traktur ausgebaut und in der Werkstatt gründlich überholt. Alle Pfeifen, insgesamt 496 Stück, wurden gereinigt, ausgebeult und – wenn nötig – neu verlötet, die schadhaften Holzteile wurden ausgebessert. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die beiden fehlenden Register nach alten Vorbildern wieder ergänzt. Leider wurde versäumt bei dieser Gelegenheit dem Gehäuse eine günstigere Farbfassung zu geben. Dennoch haben die Bornheimer heute eine praktisch neuwertige Orgel, die bei entsprechender Pflege noch viele Jahrzehnte, vielleicht auch Jahrhunderte, ihren Dienst erfüllen wird.
(Text: Walter Schmitt, Bornheim)
Die Disposition:
Manual C, D – c“
Principal (4′)
Hohlpfeiff (8′)
Quint (2 2/3′),
Salicinal (2’/4′) neu
Floet (4′)
Octav (2′) c‘ – c“‘ neu
Mixtur (1′, 3-fach)
Trompett bass
Trompett discant (8′)neu
Tramulant
Pedal C, D – d
Subbaß (16′)